Von:  dnv-online Engage!
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Betreff:  Das Paid-Content-Playbook der Financial Times



Liebe Engage!-Community

Schön, dass ihr unseren neuen Paid-Content-Newsletter mit unserer allerersten Ausgabe begleitet. An dieser Stelle sei auch schon gesagt: Ich freue mich immer über Feedback, Anregungen, Wünsche oder Fragen. Also schreibt mir gerne unter vivian.bissel@presse-fachverlag.de!

Für die erste Ausgabe sind wir für euch, passenderweise zum englischen Titel, international unterwegs - nämlich mit der Financial Times und der Frage: Wie kann es gelingen, bei einer hohen Anzahl an Digital-Abos noch weiteres Wachstum zu erzielen, neue Zielgruppen zu erreichen und vor allem nachhaltige Abos zu generieren?



Das FT-Modell:
Wie die Financial Times ihr Digital-Abo skaliert

Die Financial Times gilt als einer der Vorreiter im Paid-Content-Geschäft. Die britische Wirtschafts- und Finanzzeitung hatte bereits 2007 eine Paywall eingeführt. 2022 wurde der Meilenstein von einer Million Digital-Abonnenten erreicht.

Doch genau wie andere Zeitungen und Zeitschriften kämpft auch die FT mit zwei Herausforderungen:

  • Wie (und woher) können auch künftig neue Digital-Abonnenten gewonnen werden?

  • Wie kann der Churn (also die Kündigerquote) reduziert werden?

Wir sind der Frage nachgegangen, wie die FT damit umgeht. Dazu haben wir mit Joanna Levesque gesprochen. Sie ist Managing Director von FT Strategies, der hauseigenen Unternehmensberatung der Financial Times. Beraten werden dort unter anderem Medienunternehmen und Verlage beim Auf- und Ausbau ihres digitalen Abo-Geschäfts – aufbauend auf den Erfahrungen, die die FT selbst gemacht hat.


Joanna Levesque kennt nicht nur das Abo-Geschäft der Financial Times, sondern auch diverser anderer Verlage, die von FT Strategies beraten werden - Foto: FT Strategies

Im Gespräch mit Joanna haben sich 7 Learnings herauskristallisiert. Diese 7 Learnings haben der FT zu ihrer heutigen Größe im Digital-Abo verholfen und sollen weiteres Wachstum ermöglichen. Lasst uns tiefer einsteigen:

  1. Als etablierte Marke und mit einem klaren Fokus auf kostenpflichtige Abonnements arbeitet die FT mit einer harten Paywall (im Gegensatz zu Metered- oder Freemium-Modellen, die andere Marken/Verlage verwenden). Wer in der Zielgruppe also bereits an starkes Standing hat, muss weniger Inhalte verschenken, um Interesse und Vertrauen aufzubauen. Andersherum lohnt sich eine offenere Paywall-Variante immer dann, wenn eine Medienmarke in neue Zielgruppen vorstößt, die das Wertversprechen der Marke noch nicht kennen.

  2. Engagiert euch in den sozialen Medien, um neue Zielgruppen (insbesondere jüngere Leser) zu erreichen und sie in Abonnenten zu konvertieren. Die FT hat 7 Mio. Follower auf LinkedIn, 5 Mio. Follower auf X, 4,4 Mio. Follower auf Facebook und 3,3 Mio. Follower auf Instagram. Seit 2023 gibt es auch einen WhatsApp Channel (rund 165.000 Follower).

    Und im März 2024 ist die FT auch auf TikTok gestartet. „Wir planen, Beiträge zu den Themen Wirtschaft, Finanzen und den wichtigsten globalen Themen zu veröffentlichen“, erklärt Joanna. „Mit mehr als 1 Milliarde monatlich aktiver Nutzer ist TikTok zu einer der einflussreichsten Plattformen für das Teilen von Nachrichten geworden und hat auch eine große Finanz-Community. Unser Ziel ist es, neue, jüngere Zielgruppen zu erreichen und unsere wachsenden Kanäle auf Whatsapp und Instagram zu ergänzen.“

  3. Experimentiert mit neuen Produkttypen, die auf der Grundlage spezifischer Nutzerbedürfnisse verschiedene Arten von Inhalten (abgesehen Nachrichten) bieten. Und nutzt diese neuen Produkte für Einstiegsabos mit geringem Preispunkt.

    Die Financial Times hat 2023 mit der App FT Edit ein solches Produkt gestartet. Die Idee: Leser erhalten täglich eine kuratierte Auswahl (8 Artikel) und bezahlen dafür einen niedrigeren Abo-Preis (monatlich 0,99 Pfund in den ersten sechs Monaten, danach 4,99 Pfund pro Monat) als für das reguläre FT-Basisabonnement.

  4. Personalisiert eure Inhalte auf Grundlage des Nutzerverhaltens und der Nutzerbedürfnisse, um das Engagement zu steigern. Aber achtet auch auf ein Gleichgewicht zwischen Personalisierung und allgemeiner bzw. redaktionell gesteuerter Berichterstattung, um der Zielgruppe ein gemeinsames/geteiltes Leseerlebnis zu ermöglichen.

    Laut Joanna sind bei der FT alle wichtigen Abonnement-Produkte kuratiert und auf die verschiedenen Leserpräferenzen zugeschnitten. Die Website FT.com und die FT-App werden regelmäßig mit dynamischen Newsfeeds für diejenigen aktualisiert, die die neuesten Nachrichten und Analysen lesen möchten. Die Leser können dort auch ihre Vorlieben einstellen.

  5. Überlegt, wie ihr nicht nur Inhalte, sondern auch Preis- und Produktkombinationen personalisieren könnt. Schaut euch dazu auch andere Branchen (z. B. Mobilfunk) an.

  6. Um Churn in den Griff zu bekommen, solltet ihr gut über die Kennzahlen nachdenken, die ihr messt und analysiert. Die FT schaut unter anderem darauf, wie häufig/regelmäßig Nutzer und Abonnenten vorbeischauen und wie viel Zeit sie in den Produkten verbringen.

    Wenn ihr diese Werte verbessern wollt, dann schaut euch auch das Storytelling in euren Produkten an, also wie die Inhalte aufbereitet sind. „Wir wissen, dass visuelles Storytelling und Recherchen ein wichtiger Faktor für das Engagement sind, weil sie unseren Lesern ein interaktiveres Erlebnis bieten“ erklärt Joanna.

  7. Verschiedene Inhalte und Formate eignen sich unterschiedlich gut zur Abo-Monetarisierung. Eine Analyse von FT Strategies zeigte beispielsweise, dass sich mit Inhalten zu Sport und Wirtschaft/Finanzen tendenziell besser Abos verkaufen lassen. In Deutschland leistet das Projekt DRIVE von dpa und Schickler entsprechende Grundlagenarbeit.

    Die FT hat dieses Wissen angewendet und entsprechend verschiedene Produkte zu verschiedenen Themen aufgebaut (man könnte auch „Verticals“ dazu sagen). Um diese Produkte herum entstehen dann neue Communities. Joanna skizziert einige Beispiele: „FTWeekend, HTSI und das FTWeekend-Magazin sind zum Beispiel Premiumprodukte, die die Kultur-/Lifestyle-Interessen vieler unserer Leser abdecken. Und die FTWeekend Festivals sind ein großartiges Beispiel dafür, wie wir auf dem Erfolg eines langjährigen Produkts aufbauen und es zu einem Live-Erlebnis für unser Publikum machen.“

Wir haben Joanna abschließend noch gefragt, was ihrer aus ihrer Sicht das "next big thing" im digitalen Abo-Geschäft werden wird. Sie erzählt uns als Antwort darauf von der Idee, ein Abonnement als etwas Größeres zu verstehen, was über Inhalte hinaus geht. Es geht dann darum, den Lesern tatsächliche Erlebnisse zu bieten, sei es bei einem Event vor Ort oder über Interaktion auf digitalen Kanälen. Einerseits steckt darin ein Community-Gedanke, also ein neues Verständnis der Beziehung zwischen Medienmarke und Abonnent. Andererseits heißt das aber auch, dass Medienmarken ein neues Selbstverständnis entwickeln können, anhand der Frage: Welche Rolle wollen wir im Leben unserer Leser bzw. Abonnenten spielen?

Leserinnen und Leser kaufen kein Abonnement, sondern den Zugang zu Inhalten – betont Christoph Zimmer, Produkt-Chef beim Spiegel. Zusammen mit Vertriebsleiter Torben Sieb erklärt er im Interview mit DNV: Der entscheidende Treiber für ein erfolgreiches Digitalgeschäft ist die Entwicklung der Inhalte und der Plattform, denn das Abo selbst dient vor allem als Mittel zum Zweck. Neugierig? Mehr zur neuen Abo-Strategie des Spiegel und welche Rolle Bundling, Personalisierung und Club-Modelle künftig spielen, lest ihr hier.


Lohnt Paid Content sich für Medienhäuser innerhalb einer App? Bekannt ist jedenfalls: Leser, die auch die Apps einer Medienmarke nutzen, sind meist die nachhaltigeren Abonnenten. Immerhin ist der Griff zum Handy schnell getan und gleichzeitig bieten Apps kleine Reminder-Möglichkeiten wie Push-Benachrichtigungen, durch die Abonnenten schneller (re)aktiviert werden können.

Bisher wird das Digital-Angebot aber eher als begleitendes Hilfsmittel, denn als Monetarisierungs-Möglichkeit angeboten. Dabei wäre das für Verlagshäuser durchaus ein Thema, das sich zu durchdenken lohnt. Die Studie „Die digitalen Deutschen 2023“ von der Postbank aus dem Februar 2023 zeigt nämlich die hohe Bereitschaft der Deutschen in puncto In-App-Käufe: So haben bereits 39 Prozent der Menschen in Deutschland schon mal zusätzliche digitale Inhalte oder Funktionen direkt über eine App gekauft. Außerdem sind weitere 25 Prozent nicht davon abgeneigt, dies in der Zukunft auch zu tun. Besonders ausgeprägt sind In-App-Käufe bei den Digital Natives: So haben 69 Prozent der 18- bis 39-Jährigen bereits in einer App für Zusatzinhalte bezahlt.



Je stärker und schneller ein Unternehmen wächst, desto schwieriger und aufwändiger wird irgendwann auch die Neukundengewinnung. Gerade im Abo-Business kann das eine Herausforderung sein - immerhin muss man bei Konsumenten erst die Neugier wecken, ehe sie überhaupt den Abschluss eines Abos erwägen. Und nicht jeder, der sich für ein Unternehmen oder eine Marke interessiert, will gleich diese Verpflichtung eingehen. Zusätzliche, kostenfreie Angebote sind zur Reichweitengewinnung eine gängige Lösung bei vielen Verlagshäusern. Bestenfalls will man Neugierige aber natürlich von bezahplfichtigen Angeboten überzeugen.

Habt ihr in dem Zuge schon mal von der sogenannten Offerwall gehört? Darauf sind wahrscheinlich die meisten von uns bereits gestoßen – bis vor Kurzem konnte ich mit dem Begriff trotzdem nichts anfangen.

Eins zu eins ins Deutsche übersetzt bedeutet das „Angebots-Wand“. Und genau das ist es auch: Simpel ausgedrückt, handelt es sich bei einer Offerwall um eine Monetarisierungs-Strategie, die auf einen Blick mehrere Angebote darstellt, durch die Konsumenten Unternehmen unterstützen können. Dieses Prinzip kennt man vor allem aus dem Gaming-Bereich: Gerade bei Handyspielen lassen sich durch das Anschauen von Werbung beispielsweise Ingame-Währungen, Skins oder das nächste Level freischalten.

Mit den Möglichkeiten einer Offerwall beschäftigt sich aktuell auch der Technologie-Konzern Google. Publisher können an einem Offerwall-Betaprogramm teilnehmen und „ihren Umsatz steigern, indem Sie die Vielfalt der Monetarisierungsoptionen auf Ihren Websites vergrößern“, heißt es auf dessen Seite.

Zu dieser Vielfalt zählt nicht nur die bereits genannte Möglichkeit, Belohnungen gegen das Ansehen von Werbung einzutauschen – denkbar sind beispielsweise auch Micro-Payments (die bietet Google selbst aktuell jedoch nur in Amerika an) oder das Beantworten von Umfragen.

Am Ende soll eine Offerwall jedenfalls Folgendes bewirken:

  • Eine Vielfalt an Monetarisierungsmöglichkeiten, die hohen Churn-Rates entgegenwirkt und in Umsatzsteigerung resultiert

  • Eine Verbesserung des Nutzererlebnisses

  • Eine Alternative für Nicht-Abonnenten, mit der sie ein Unternehmen unterstützen können. Gleichzeitig…

  • ...kann so das Interesse geweckt werden, sich intensiver mit einem Unternehmen/einer Marke zu befassen und doch ein Abo in Erwägung zu ziehen

Kennt ihr Beispiele in der deutschen Verlagsbranche, wo Offerwalls bereits getestet oder eingesetzt werden? Wenn ja: Kontaktiert mich gerne! 😉




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About me

Schön, dass Du die erste Ausgabe unseres Paid-Content-Newsletters begleitest! Ich hoffe, ich konnte Dir heute schon ein paar Inspirationen und Learnings mit auf den Weg geben 😊

Damit Du weißt, wer überhaupt hinter Engage! steckt, lasse ich dir heute noch ein paar Fakten zu mir hier:

🌊Ich bin Küstenkind durch und durch: Geboren und aufgewachsen bin ich auf der Insel Rügen. Danach ging´s quer durch die Hansestädte: Abitur in Stralsund, Studium in Rostock, Volontariat in Hamburg – wo ich bis heute lebe!

🎮Neben meiner Arbeit in der Redaktion schreibe ich auch in meiner Freizeit, dort allerdings fiktionale Geschichten. Abschalten kann ich aber am besten beim Zocken, Klavierspielen oder Zeichnen.

🐱Meine beiden Lieblingskollegen im Home Office heißen Neville und Noctis. Sollten wir uns mal unterhalten, kann es sein, dass die Vierbeiner sich im Hintergrund zu Wort melden 😉

Und der wohl wichtigste Fakt: Ich freue mich drauf, mit Dir in Kontakt zu treten! Wenn du also Fragen, Anregungen oder Vorschläge hast, schreib mir: vivian.bissel@presse-fachverlag.de

Wir lesen uns nächsten Monat! 😉





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