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Donnerstag, 18. Juli 2024

Drei Podcast-Experten, die eine zunehmende Relevanz des Mediums im Abo-Geschäft beobachten (v.li.): Helene Pawlitzki (Rheinische Post), Dr. Sebastian Voigt (hy -The Axel Springer Consulting Group) und Solveig Gode (Business Insider Deutschland) - Fotos: Rheinische Post, Axel Springer, Business Insider Deutschland

Podcasts werden im Abo-Geschäft relevant

Podcasts haben sich zu einem festen Bestandteil des Medienportfolios von Verlagen entwickelt. Insbesondere auch Zeitungsverlage haben in den vergangenen Jahren in die Entwicklung vieler neuer Formate investiert. Nicht umsonst bekommt das Thema bei Branchen-Events wie dem Medienhaus/NEXT/ von AVS mittlerweile eigene Panels. Die große DNV Podcast-Analyse zeigte Mitte 2022, dass es insbesondere in den Jahren 2020 und 2021 einen regelrechten Hype auf der Angebotsseite gab: Von 250 analysierten Podcast feiert zwei Drittel in einem dieser beiden Jahre ihren Marktstart.

Die Euphorie der Verlage rund um das neue Format war zum Teil durch die stark wachsenden Werbeumsätze im Podcast-Umfeld getrieben. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) bezifferte diese Umsätze 2019 auf neun Mio. Euro, 2020 dann schon auf 16 Mio. Euro und 2021 sogar auf 30 Mio. Euro. Somit hatte sich der Werbemarkt im Podcast-Umfeld zwei Jahre in Folge nahezu verdoppelt.

Allerdings wurde spätestens seit 2022 auch vermehrt ersichtlich, dass Verlage das Medium Podcast auch im Vertrieb – konkret im Abonnement-Geschäft – nutzen wollen. Große Marken wie Die Zeit, die Süddeutsche Zeitung und die Frankfurter Allgemeine Zeitung haben allesamt bereits Podcasts auf den Markt gebracht, die nur von Abonnenten angehört werden können. Die FAZ baute ihren neuen werktäglichen „Frühdenker“- Podcast in das Digital-Abo F+ ein, wobei er im ersten Monat nach dem Marktstart noch kostenfrei hörbar war. Die Zeit („Die Parioten“) und die SZ („71 Schüsse“, „Die Kunst zu stehlen“) setzten dagegen auf mehrteilige Serien rund um ein Thema oder Ereignis, wobei die erste Folge frei verfügbar angeboten wurde, das Anhören aller weiteren Folgen aber ein Abonnement erforderte.

Podcasts können Eintrittskarte ins Abo sein

Längst haben aber auch Regionalzeitungen damit begonnen, Podcasts im Vertrieb zu nutzen. „Für uns waren Podcasts immer schon ein Instrument der Leser-Bindung und der Retention-Steigerung“, erklärt Helene Pawlitzki, Projektleiterin Audio & Podcasts bei der Rheinischen Post. „Wir wissen, dass manche unserer Podcast-Hörer nur deswegen ein Digital-Abo abgeschlossen haben, weil sie wissen, dass sie dadurch die Redaktion und somit auch die Podcasts unterstützen. Die Abonnenten-Gewinnung via Podcasts lässt sich auch sehr gut messen – die Bindung leider weniger gut. Podcast-Hörer empfinden schnell eine emotionale Nähe zu den Hosts. Diese Nähe überträgt sich aufs Medium. Wem man nahe ist, dem kündigt man nicht mal eben so ein Abo.“

Einer, der die zunehmende Bedeutung von Podcasts im Abonnement-Geschäft ebenfalls beobachtet, ist Dr. Sebastian Voigt, Partner bei der zu Axel Springer gehörenden Unternehmensberatung hy. Er hat dabei das Medien-Startup Media Pioneer von Gabor Steingart als Vorreiter ausgemacht. Axel Springer ist auch an Media Pioneer beteiligt: „Die Pioneer-Podcasts sind komplett werbefrei, aber dafür in voller Länge nur Pioneers (also Abonnenten) in voller Länge in der eigenen App (und nicht auf Spotify & Co.) verfügbar“, so Voigt. „The Pioneer führt dieses Modell sehr erfolgreich. Von daher gehe ich davon aus, dass auch andere Verlage sich diesem Trend nach und nach anschließen könnten.“

Dass Podcasts für Verlage eine große Chance sein können, neue Zielgruppe zu erschließen, Leser an sich zu binden und so eine Community aufzubauen, davon ist auch Solveig Gode überzeugt, Wirtschaftsredakteurin Business Insider Deutschland (gehört zu Axel Springer) und Co-Moderatorin des Podcasts „Macht & Millionen“. Besagter Podcast habe, neben anderen, besonders stark auf die journalistische Markenwahrnehmung und -bindung eingezahlt. Denn Business Insider hat mit BI+ ein Digital-Abonnement am Markt und nutzt die Podcasts ganz aktiv im Marketing. Gode erklärt: „Wir vermarkten unser BI+-Abo etwa auch gezielt mit dem Hinweis, dass BI+-Abonnent*innen auch die Vorteile des „Macht & Millionen Clubs“, unserem Podcast-Abo, erhalten. Sprich, sie können die neue Folge immer eine Woche vorher hören und erhalten exklusives Bonusmaterial – zwei Abos in einem quasi. Diese Art von Zusatzbenefits generiert eine engere Leser*innen-Bindung zu uns. Die Podcasts sind Leuchtturmprojekte, die auch neue Leser*innen zur Website bringen – und sie dort halten.“

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Enge Bindung zu Marke und Host entscheidend

Diese Erfahrung hat man auch bei der Rheinischen Post gemacht. „Mit Podcasts lassen sich Zielgruppen ansprechen, die für ein regionales Medienhaus auf klassischem Wege nicht mehr zugänglich sind“, sagt Audio-Chefin Pawlitzki. „Man kann sie wieder an eine Marke heranführen, die vielleicht früher zu Hause jeden Tag auf dem Frühstückstisch lag, aber inzwischen nicht mehr so im Alltag der Nutzerinnen und Nutzer präsent ist. Die große Kunst ist es dann natürlich, diese neue Beziehung zu pflegen- und zu monetarisieren.“

Nicht zuletzt ist es der Faktor Mensch, der Podcasts erfolgreich macht. Das muss auch im Vertrieb beachtet werden – denn daraus ergeben sich zusätzlich neue Chancen. „Die Verbindung von Podcast-Host und Audience ist eine viel engere und persönlichere, als zwischen den Autor*innen eines Textes und dem Publikum“, so Gode. „Das sehen wir auch bei Macht & Millionen. Mit diesem Format haben wir 2022 auch erstmals eine Live-Tour gestartet – eine tolle Einsatzmöglichkeit für den Vertrieb und die Leserbindung.“

Für das Audio-Abo-Business nicht unterschätzt werden darf die Rolle der großen Digital-Plattformen. Sowohl Spotify als auch Apple ermöglichen es Podcast-Produzenten mittlerweile, ihre Formate über Plattformen auch in einem kostenpflichtigen Abonnement anzubieten. Gode und Business Insider gehörten zu den ersten, die diese Option nutzten. Nutzer zahlen bei Spotify oder Apple monatlich 3,99 Euro und werden so Mitglieder im „Macht & Millionen Club“. „Bislang ist die technische User-Experience jedoch noch nicht auf allen Plattformen ausgereift und für Endnutzer nicht immer intuitiv bedienbar“, berichtet Gode. „Verlage und Podcaster*innen sollten hier das technische Angebot sowie anfallende Gebühren der Plattformen genau vergleichen. Der technische Mehr-Aufwand hält sich für die Creator*innen jedoch in Grenzen, ein Test lohnt sich also allemal.“

Die Distributionsmöglichkeiten gehen sogar noch darüber hinaus: „Nicht nur die Plattformen selber, sondern auch zahlreiche weitere Tech-Unternehmen (Podcast, acast, Patreon usw.) helfen Content-Creators und Verlagen bei der Monetarisierung von Audio-Inhalten - sei es durch Finden der passenden Werbung oder halt durch Pay-Angebote“ analysiert Voigt von der Consulting-Firma hy. „Hier führen wir die gleiche Diskussion wie schon seit zig Jahren bzgl. anderer Plattformen (Google, Facebook, TikTok etc.), ob hier die Inhalte der Verlage ausgespielt werden sollten oder diese auf den eigenen Plattformen (eigene Website, eigene App etc.) exklusiv ausgespielt werden sollten. Ich denke, die stärksten und größten Verlage können darauf hoffen, halbwegs unabhängig von Spotify & Co. zu bleiben, die kleineren (z.B. Regional-)Verlage können sich hier wenig Hoffnung machen, ohne die Audio-Plattformen halbwegs relevante Reichweiten zu erzielen, um Podcasts profitabel zu betreiben.“

Vertrieb über Drittplattformen kein Selbstläufer

Auch wenn der Verkauf von Podcast-Abos über Spotify & Co. also Potenziale bietet, muss dennoch jeder Verlag individuell abwägen, ob das mit Blick auf Strategie und Kosten sinnvoll ist. „Wir haben bislang darauf verzichtet, diese Möglichkeit zu nutzen“, sagt Helene Pawlitzki von der Rheinischen Post. „Ein Problem ist es natürlich, dass man eine parallele Struktur zum eigenen Abomodell aufzieht. Das größere Problem ist aber bislang, dass die Verwaltung und Abrechnung dieser Abos sehr kompliziert ist. Bevor es sich lohnt, müssen schon relativ viele Abonnenten zusammenkommen. Und damit diese Abonnenten tatsächlich auch einen nennenswerten Preis für das Abo zahlen, muss man eigentlich Bonus-Content schaffen. Die Einnahmen sind also nicht kostenneutral. Schließen aber nicht aus, dass wir uns dem Thema in den nächsten Monaten noch mal intensiver zuwenden.“

Es bedarf in der Distributionsstrategie also einer Abwägung zwischen Kosten und Nutzen von Dritt-Plattformen im Vergleich zu den unternehmenseigenen Kanälen. „Die Podcasts können natürlich auch Bonus-Material für das eigene Abo-Modell sein“, argumentiert Solveig Gode von Business Insider Deutschland, „jedoch hören die wenigsten Konsument*innen Podcasts über die Website des Publishers, sondern in den Apps der großen Streaming-Plattformen: Apple, Spotify, Podimo, Amazon Music etc. Man muss die Hörer*innen dort abholen, wo sie sind, also auf diesen Plattformen. Ist die User Journey zu kompliziert, zu lang oder unpraktikabel (z.B. keine App, nur über Desktop hören möglich), springen sie ab. Verlage sollten sich also nicht nur auf eine Plattform konzentrieren, sondern idealerweise auf mehrere gleichzeitig oder eine technische Schnittstelle zu ihren eigenen Plattformen ermöglichen und diese so reibungslos wie möglich gestalten.“

Es zeigt sich, dass nicht nur die Konzeption und Produktion, sondern auch die Monetarisierung und Distribution von Podcasts komplex ist. Gleichwohl scheint sich die Überzeugung durchzusetzen, dass das Potenzial der Audio-Formate vom Vertrieb nicht ungenutzt bleiben darf. Um dieses Spannungsfeld zu adressieren, hat der Dienstleister AVS aus Bayreuth dem Thema Podcast ein eigenes Panel bei der diesjährigen Ausgabe seines Branchenevents Medienhaus/Next/ gewidmet. Dort werden unter anderem auch Helene Pawlitzki von der Rheinischen Post, Dr. Sebastian Voigt von hy und Solveig Gode von Business Insider Deutschland weitere Erfahrungswerte und Tipps teilen. Das Event findet am 7. März 2023 im Studio DuMont in Köln statt. DNV ist auch in diesem Jahr Medienpartner der Veranstaltung. Digitale Anlaufstelle für Informationen und Anmeldung zum Event ist die Website www.medienhaus-next.de.

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